Nicht ohne meinen „Huko“
Wenn wir zusammen verreisen, ist es immer ein bisschen aufregend. Man weiß nie, was kommt bzw. wie die Sache ausgeht. Ziel und Länge der Reise sind dabei relativ egal, das Gelingen hängt nämlich letztlich und eigentlich von ganz banalen Dingen ab.
Meine Haare sind nun einmal etwas speziell. Und zusammen mit ihnen auf Reisen zu gehen, wird mit zunehmendem Alter nicht gerade einfacher. Man hat sich eben verändert im Laufe der Jahre, daran gibt es keinen Zweifel. Während ich zunehmend schlechter sehe und Mühe habe, meinem vor sich hin welkenden Körper immer genug Pflege zukommen zu lassen, wurden auch meine Haare immer sensibler und feinfühliger. Machte es ihnen und mir früher kaum Mühe, handtuchgetrocknet und festigerlos eine halbwegs passable Frisur zustande zu bringen, so ist das heute schlichtweg nicht mehr möglich.
Mein Haar hat Fülle, Farbe und Spannkraft eingebüßt und reagiert mittlerweile auf kleinste Veränderungen äußerst empfindlich. Hitze, Kälte, Sonne, Nebel, Sturm, Eis, Schnee und Regen, der Härtegrad des jeweiligen Wassers, mein Schopf ist für alles ein sensibler Gradmesser. Jeder kann sich unschwer vorstellen, dass das Reisen mit ihm, wohin auch immer, nicht unbedingt leicht ist, zumal auch ich nicht jünger geworden bin. Gerade neulich waren wir mal wieder zusammen unterwegs; hier ein paar Eindrücke aus einer Reihe langer, zum Teil leidvoller gemeinsamer Erfahrungen:
Frisch geduscht und mit einer undefinierbar duftenden Bodylotion eingecremt, stehe ich vor dem Spiegel. Der Weg dahin war schon nicht leicht, und sehen kann ich mich trotzdem nicht, denn wie so oft in Hotelbadezimmern ist das Ding hoffnungslos beschlagen. Ich spüre aber meinen soeben gereinigten Körper in einen luxuriösen weißen Bademantel gehüllt und meine Füße in den passenden Frotteeschläppchen stecken. Immerhin. Das zumindest kann man ja auch erwarten, denke ich bei vier Sternen plus und grolle, wenn ich mir überlege, dass ich wieder fast 10 Minuten damit zugebracht habe, um zu begreifen, wie hier in diesem Bad die Duscharmatur funktioniert.
Es ist ja nicht so, dass ich nun so viel blöder als alle anderen wäre, aber man stelle sich nur einmal vor, wie das nun in der Praxis abläuft: Da steht man also in Erwartung einer wohltuenden Reinigung seines Körpers in der Dusche und versucht an den verschiedenen Hebeln und Knöpfen zu drücken, zu ziehen und zu schieben. Nichts tut sich. Vielleicht tröpfelt mal ein wenig Wasser aus einem Hahn, aber aus der Dusche selbst kommt eben nichts. Also probiert man weiter, hin und her, vor und zurück, erinnert sich, dass es im letzten Hotel doch irgendwie so oder so ähnlich ging, und plötzlich schießt dann von irgendwoher ein scharfer Strahl – die Massagedüse. Schnell schiebt man einen anderen Regler hoch, und schon erlebt man die „ice challenge“ oder man verbrüht sich, wenn man nicht schnell genug beiseite springt. Irgendwann nach etlichen Versuchen hat man es dann kapiert und will sich gerade dem wunderbaren warmen und wohltuenden Nass hingeben, da wartet auch schon die nächste Schikane. Die Schrift auf den verschiedenen kleinen Flakons, die hübsch in einem Körbchen arrangiert sind, ist dermaßen winzig, dass man nicht weiß, ob man nun die Bodylotion, den Conditoner, das Schampoo oder das Duschgel in der Hand hat. Bodylotion im Haar ist fast so schlimm wie Hundeka..… am Schuh. Das kriegt man auch ewig nicht weg. Aber mal ehrlich, wer duscht denn schon mit Brille. Nach einigen leidvollen Erfahrungen dieser Art habe ich mir inzwischen angewöhnt, vor dem Duschgang, also noch angezogen und bebrillt, die notwendigen Fläschchen der Reihenfolge nach aufzustellen, so dass keine Verwechslung passieren kann. Für Notfälle, falls es mal schnell gehen muss, und wenn für solche vorbereitenden Maßnahmen keine Zeit ist, habe ich aber immer mein eigenes persönliches Schampoo, das zudem auch meinem Haar am zuträglichsten ist, dabei. Sicher ist sicher. Schließlich reist Prinz Charles auch immer mit seinem eigenen Teewasser, wo also bitte ist das Problem?
Doch zurück zur Dusche. Vorausgesetzt, man hat es nun geschafft, das Wasser sprudelt angenehm und warm, man duscht genüßlich, schäumt sich ein und ist dann irgendwann auch mal fertig. Jetzt trocknet man sich ab, cremt sich vielleicht sogar noch ein (vorzugsweise gleich in der Dusche, weil das Hotelbadezimmer meist zu klein ist, wenn zwei Leute dort aktiv sind), packt sich ein Handtuch um die nassen Haare, und dann kommt man beim Aussteigen irgendwie ganz zufällig an ein kleines Knöpfchen, und schon setzt mit voller Wucht die Regenwalddusche ein, die man vorher noch gar nicht richtig wahrgenommen hatte. Das ist dann ein ganz besonderes highlight.
Nach solchen Erfahrungen kann ich nur jedem raten, vor Betreten einer Dusche den Blick unbedingt auch nach oben zu richten, denn auch von dort kann plötzlich unverhofftes Unheil über einen hereinbrechen.
Man soll aber nicht glauben, dass nun, nachdem ich wie gesagt frisch geduscht und edel gesalbt im weißen Bademantel und mit den netten Schläppchen an den Füßen vor dem beschlagenen Spiegel stehe, die Probleme vorbei wären. Selbst in Hotels, in denen die Badezimmerlüftung gut funktioniert und der Spiegel frei ist, ist das keine Garantie, denn nun geht es darum den gereinigten Körper gesellschaftsfähig zu stylen, und dazu gehört in erster Linie mal ein gut funktionierender Haarfön.
Wie sagte doch schon meine Großmutter: „Eine ordentliche Frisur ist die Visitenkarte einer jeden Frau.“ Bei meinen etwas feinen und sagen wir mal sensiblen Haaren ist dieser Anspruch fernab der gewohnten häuslichen Umgebung mehr als schwer aufrecht zu erhalten, denn meine Haare reagieren wie gesagt auf fremdes Wasser, anderes Shampoo, einfach auf alles, was sie nicht kennen, sehr sehr empfindlich. Und natürlich spüren sie sofort: Fön ist nicht gleich Fön. Zu Hause hat man ja ein perfektes, lang erprobtes Gerät dieser Art zur Hand. Unterwegs ist das absolut keine Selbstverständlichkeit. Die Vielfalt an Haartrocknern in Hotels steht der an Duscharmaturen in keiner Weise nach. Die Bedienung ist zwar unproblematischer, die Funktionalität läßt allerdings oft genug zu wünschen übrig. Da hängt dann so ein Teil an der Wand, das man noch aus irgendwelchen Umkleidekabinen von Großstadtschwimmhallen kennt, ohne jegliche Wärme- oder sonstige Regelung. Immerhin, es pustet etwas warme Luft aus dem dicken Schlauch, gerade soviel, dass man den angelaufenen Spiegel nach einer gewissen Zeit frei bekommt. Männer können sich damit vielleicht eben noch den Bart oder ihre Extremkurzhaarfrisur trocknen, aber für Frauen sind solchen Modelle total ungeeignet. Genauso wie die Einfachgeräte, bei denen es erforderlich ist dauernd ein Knöpfchen gedrückt zu halten, um dem Ding einen warmen Luftstrom zu entlocken. Auch diese Geräte taugen nicht für aufwendigere Frisuren, denn erstens bekommt man einen Krampf in den Finger und zweitens überhitzt das Ding gewöhnlich, wenn erst der halbe Kopf gestylt ist, und dann geht auch trotz gutem Zureden nichts mehr!!! Tolle Sache. In solchen Fällen stellt die Hausdame meist folgerichtig fest, dass sie das ja noch nie erlebt hätte, und es ihr unendlich leid täte, aber im Augenblick leider kein anderer Fön zur Verfügung stände.
Natürlich gibt es auch ganz stylische Geräte, fest an der Wand installiert (damit man sie nicht klauen kann), die aber schon von vornherein nicht funktionieren, was der unerfahrene Hotelgast natürlich erst bemerkt, wenn die Haare schon nass sind. Also merke: Bevor man eine Dusche betritt, immer erst den Fön testen, denn im Zweifelsfall ist der Gebrauch einer mehr oder weniger geschmackvollen Duschhaube immer noch die bessere Alternative als nasse ungefönte Haare. Nun muss man sagen, es gibt auch durchaus funktionstüchtige Haartrockner und natürlich auch vernünftige und logisch funktionierende Duscharmaturen. Beides zusammen in einem Hotelbadezimmer zu finden, grenzt allerdings schon an ein kleines Wunder, aber auch dafür sollte man immer offen sein.
Nichtsdestotrotz habe ich mir angewöhnt, in meinem Kulturbeutel neben dem heimischen Shampoo, verschiedenen Rundbürsten, dem Festiger ( im Notfall auch als Schuhpolitur zu verwenden) und dem Haarspray ( mit Formgarantie bis Windstärke7) auch stets und überallhin meinen eigenen kleinen Reisefön mitzunehmen.
Reiste man früher eben noch mit dem besagten „Buko“, dem sogenannten Beischlaf – utensilienkoffer,
so wurde daraus eben mittlerweile der „Huko“, der Haar – utensilienkoffer.
Auch hier ändern sich im Laufe der Zeit halt die Gewichtungen.