Nicht ohne meine Handtasche

Januar 18, 2015 2 Von Stahlhuth

Wenn ich das Haus verlasse, geschieht das selten ohne Schlüssel, hin und wieder auch ohne genaues Ziel, wenn möglich nicht ohne mein Handy, doch leider manchmal ohne Einkaufszettel, Schirm, oder ohne den Abholschein für die Reinigung. Niemals jedoch verlasse ich freiwillig das Haus ohne meine Handtasche. Sie ist quasi der Mikrokosmos meines Lebens, mein Zuhause für unterwegs.
In ihr finde ich – ehrlicherweise muss es heißen, suche ich – alles, was Frau eben so braucht, wenn sie sich außerhalb der eigenen vier Wände bewegt.
Der Inhalt einer Handtasche, das haben Wissenschaftler festgestellt, sagt mehr über eine Frau aus, als man glaubt. Für mich trifft das ganz besonders zu. Wer sich die Mühe macht, die Tiefen meiner Tasche genauer zu erforschen, der weiß ziemlich schnell, mit wem er es zu tun hat oder vielleicht auch gar nicht zu tun haben möchte.
Nun machen der Fortschritt und das Alter auch vor dem Inhalt einer Handtasche nicht Halt, und so gibt es im Laufe der Jahre doch die eine oder andere Änderung in dem, was man so mit sich herumträgt.
Das Adressbuch z. B. hat komplett ausgedient. Anschriften mit allem Drum und Dran sind jetzt im Handy gespeichert. Gleiches gilt für Termine und andere sensible Daten. Hatte man früher für den Fall der Fälle immer ein Kondom dabei, sorgt heute, dem Alter geschuldet und diskret verpackt, eine „Allways- Slipeinlage“ für grenzenlose Sicherheit.
Nicht fehlen dürfen in einer gut organisierten Handtasche natürlich so lebenswichtige Dinge wie: Kamm und Spiegel, Kopfschmerztabletten, Tempotaschentücher, Schminkzeug, Portemonnaie, gespickt mit diversen Kundenkarten, Kugelschreiber, Einkaufswagenchip, Lippenbalsam,, Blasenpflaster, Pfefferminz gegen Mundgeruch, Fotos von den Lieben, eine Roßmannfalttasche und vor allem ein Paar Probierstrümpfe, weil ein Schuhgeschäft ja überall lauern kann.
Ergänzt werden muss diese Grundausstattung selbstverständlich durch ein individuelles Erweiterungspaket, das dann je nach Nutzer etwa Dinge wie Ersatzbatterien fürs Hörgerät, Lesebrille, Deo- bzw. Haarspray Interdentalbürstchen, verschiedene Netzteile bzw. Akkus, Notizbuch, Sacrotanspray, Taschenmesser usw. enthält. Da kann schon so einiges zusammenkommen, und so ist es auch ganz und gar nicht verwunderlich, daß Frauen eigentlich immer hektisch in ihrer Tasche kramen und irgendetwas suchen.
Wie schon gesagt, der Inhalt einer Handtasche kann aufschlußreicher sein als ein ganzer Lebenslauf oder ein unverbindliches Date. Da sprechen einfach Tatsachen für sich. So manchem unentschlossenem Mann sollte man ruhig den Rat geben, schau dir die Tasche deiner Partnerin an, und du weißt, mit wem du es zu tun hast. Natürlich zählt auch da der erste Eindruck, denn die Tasche muss zur Person und zum übrigen Outfit passen.
Nichts ist schlimmer als eine nicht passende Handtasche, und was da mitunter verbrochen wird, erfüllt oft genug den Tatbestand der visuellen Belästigung. Ballkleid und ‚Shopper’, Leinenbeutel zum Cocktailkleid oder Kostüm mit Rucksack. Wer so etwas trägt, dem braucht man auch nicht mehr in die Tasche zu sehen, da ist sowieso Hopfen und Malz verloren.
Nun bleibt noch die Frage zu klären, wie es sich mit Frauen verhält, die ohne Tasche unterwegs sind. Man mag es kaum glauben, aber auch so etwas gibt es. Unsere Frau Bundeskanzlerin z.B. oder auch die eine oder andere weniger geschätzte Frau Ministerin, sie nehmen Paraden ab, gehen auf Staatsbesuch, eröffnen Ausstellungen und Messen und das alles ohne eine Tasche an ihrer Seite. Ein Phänomen, und je länger ich darüber nachdenke, desto mehr drängt sich mir der Gedanke auf: Sie tun, was sie sonst auch tun. Sie lassen sich nicht festlegen und deshalb weder in die Karten noch in die Taschen schauen.

Und die Männer? Zum Glück liegt das peinliche Zeitalter der Herrentäschchen hinter uns, und die wenigen Exemplare, die noch existieren, genießen mittlerweile fast soetwas wie „Nostalgieschutz“. Dabei sollte man es auch belassen, denn auch das ist dann schon beinahe zuviel der Ehre.