Postkarte aus „Haushalt“
Ein trüber Tag irgendwann nach Weihnachten. Alles ist grau in grau, und man hat den Eindruck, jegliche Farbe hat sich in den Winterschlaf verabschiedet. Wenn ich ehrlich bin, fühle ich mich auch ziemlich grau, emotional farblos und über meinem Gemüt liegt eine schwere Decke, die allen Schwung schon im Ansatz erstickt. Es geht mir ja offensichtlich nicht allein so, denn selbst der Garten draußen liegt lustlos zwischen den Zäunen herum. Schwer vorstellbar, dass dort jemals wieder etwas blühen soll. Eigentlich sollte ich Fenster putzen, wie ich eigentlich in diesen Tagen so vieles tun sollte, was dann doch irgendwie im grauen Nebel der Antriebslosigkeit verschwindet. Ich habe es sogar versucht, aber der einsetzende Regen hat schließlich doch die besseren Argumente, und so stehe ich jetzt am Fenster und beobachte, wie der Postbote – immerhin sein Fahrrad ist leuchtend gelb und damit ein eyecatcher in dieser grauen Suppe da draußen – wie also der Postbote Slalom um die immer größer werdenden Pfützen fährt. Was er uns in den Briefkasten wirft, paßt ins Bild. Schwarzgrau bedruckte Zeitungen, eintönige Reklame, ausdruckslose Umschläge mit aufgedrucktem Porto, unpersönliche Briefe mit nichtssagendem Inhalt – Langeweile auf Reisen…
Nur etwas läßt mich aufmerken. Eine bunte Ansichtskarte aus Südafrika, auf deren Rückseite meine Freundin ihre Rundreise durch dieses herrliche Land beschreibt. Bunt, fröhlich, abwechslungsreich und irgendwie schwungvoll klingt das. Ein totales Kontrastprogramm zu meinem inneren und äußeren Haushaltsgrau. Fast bin ich ein bißchen neidisch, aber dann seh ich wieder den Postboten mit seinem gelben Rad, wie er sich jetzt einen Spaß daraus macht, schwungvoll mitten durch die Pfützen zu fahren. Dabei lacht er, dass ich es bis hinter meine Scheibe hören kann. Als er mich sieht, ruft er vergnügt: „die Post kommt jetzt mit dem Motorboot, gnädige Frau“, und entschwindet mit einer herrlichen Bugwelle um die nächste Ecke.
Ich fange ein bißchen an zu träumen, während ich mit meinem Bügeleisen weiße Wolken ins Zimmer dampfe. Ich träume vom Urlaub, einem Motorboot und davon, was ich auf eine Karte schreiben würde. Vielleicht folgendes?
„Herzliche Grüße aus „Haushalt“, heute steh ich am Bügelbrett und genieße eine herrliche Aussicht auf den majestätischen Wäscheberg, an dessen Fuß sich ein Meer von ungeputzten Schuhen befindet. Abwechslungsreiche Wanderwege führen durchs ganze Haus, vorbei am tropenfeuchten Badezimmer bis hin zu einem Wald von aufgehängter Wäsche im Keller. Kleine Lichtungen und Verköstigungsmöglichkeiten liegen am Wege, und wer den steilen Aufstieg ins Turmzimmer nicht scheut, kann von dort aus im Fernseher fast die ganze Welt sehen. Mit dem Staubsaugerexpress reist man problemlos von Raum zu Raum und kann so die abwechslungsreiche Staub- und Schmutzkultur genießen. Es ist einfach unvergleichlich!“ ————
Meinem Bügeleisen geht allmählich der Dampf aus, und ich habe wieder klare Sicht auf meinen Wäscheberg – ziemlich klein ist er inzwischen geworden.
Ja, man muss sich den Alltag halt manchmal ein bißchen schön denken, dann ist alles leichter. Und wer weiß, vielleicht kommt ja nachher nochmal das Motorboot vorbei?
Bist Du Dir ganz sicher, daß Du kein Buch schreiben willst? Übrigens – ich war auch schon mal in „Haushalt“, habe es aber nicht aus diesem Winkel gesehen. Muß wahrscheinlich nochmal dorthin und dann…..
wieder etwas für die Seele… tut gut und zaubert ein Lächeln ins Gesicht…..