Seelentröster
Wir kennen sie alle diese Tage, die uns einfach nicht leiden mögen und wir sie auch nicht. Ich spüre das meistens gleich morgens noch vor dem Aufstehen. Schon in der Nacht haben mir Krämpfe den Schlaf geraubt, und in den Stunden danach hatte ich ausreichend Gelegenheit mir über das gesamte Elend der Welt detailliert Gedanken zu machen. So etwas läßt einen weder frisch noch ausgeschlafen sein. Im Gegenteil, es durchströmt mich dann immer so ein undefinierbar ranziges Gefühl. Eigentlich möchte ich gar nicht wirklich wach werden, und meist genügt oft schon ein Blick aus dem Fenster um zu wissen: Da bin ich nicht willkommen. Alles da draußen ist grau in grau, nass und ungemütlich.
Bei anderen reicht vielleicht auch ein kurzer Blick auf die andere Bettseite und ihr Tag ist gelaufen, bevor er so richtig begonnen hat. Es gibt eben unterschiedliche Fehlstarts im Leben.
Meist versuche ich dann tapfer noch eine Weile gegen die emotionale Schlechtwetterfront anzugehen, aber es fällt mit zunehmend schwerer, kommen erst einmal so verschiedene Dinge zusammen wie z.B: Im Badezimmer winkt mir das letzte Blatt Toilettenpapier zu, und die Ersatzrolle liegt unerreichbar weit weg irgendwo im dunklen Vorratskeller. Ich komme tropfnass aus der Dusche, und an der Haustür klingelt es Sturm. In solchen Fällen ist mein Mann leider nicht präsentabel, weil an seinem Hemd noch nicht alle Knöpfe geschlossen sind. Die Kaffeemaschine verweigert trotzig einen Kaffee, solange sie nicht entkalkt ist, und der Zeitungsbote hat die Tageszeitungen nur an den Zaun geklemmt. Völlig durchnäßt sind sie so weder lesbar noch sonst zu irgendetwas zu gebrauchen. Eine unsympathische Bekannte lädt mich ganz spontan nachmittags zum Kaffeekränzchen ein, ist aber unverfroren genug zu erzählen, daß kurzfristig zwei Damen abgesagt haben und sie nun nicht weiß, was sie mit dem vielen Kuchen machen soll. Das Auto springt nicht an, und das Fahrrad hat einen Platten. Der Salat, den ich fürs Mittagessen vorgesehen habe, ist gammelig, meine Fönfrisur hält trotz Haarspray „superstrong“ überhaupt nicht, und irgendwo bahnt sich auch noch eine Migräne den Weg in meinen Kopf. Der Handyakku ist leer, und der PC erkennt weder den Drucker noch mich. In der Mittagspause kommt der Schornsteinfeger, um die Abgase der Heizung zu messen und mir die Ergebnisse ausführlich zu erläutern, während ein Paketdienst die umfangreiche Weinlieferung für den verreisten Nachbarn in unserer Diele aufbaut. Kommen nur einige dieser Punkte zusammen, ist auch mir klar: Dieser Tag und ich, wir werden keine Freunde! Dann suche ich den „reset“ Knopf, der alles noch einmal auf Anfang zurück setzt oder wenigstens irgendetwas, was mich tröstet.
Doch was tröstet eine reife Frau in solch einer Situation?
Ein Mann? Schwerlich!
Der eigene Mann ist zwar bemüht, geht die Sache jedoch wie immer viel zu rational an. Schließlich möchte ich weder eine Erklärung noch eine Lösung und schon gar keine Belehrung. Ich möchte einfach nur diffus getröstet werden. Das ist schwer für einen Mann und auch unter größten Anstengungen kaum zu leisten. Jeder noch so gut gemeinte Versuch bleibt ein Krampf und führt eigentlich nur tiefer in die Misere. Männer sind dafür irgendwie nicht gemacht, und „frau“ tut gut daran, das frühzeitig zu akzeptieren und diesbezüglich wenig zu erwarten.
Schokolade, Chips oder gar Alkohol? In derartige Trostblasen flüchten sich nur unreife, stillose, und naive Weibsbilder. Weiß doch jede erfahrene Frau, die schon einige emotionale Herbststürme hinter sich hat, dass der Jammer nach solchen Exzessen (auf der Waage und im Kopf) um so größer ist.
Ablenkung durch Arbeit? Ist eine Möglichkeit, allerdings mit Anstrengung verbunden, kräftezehrend, in der Sache nicht wirklich Trost spendend und fällt daher eher unter die Rubrik Verdrängung..
Und ist so ein Tag schon einmal derart vergeigt, dann wird auch eine Shoppingtour mit der besten Freundin die Lage nicht mehr ’rumreißen. Bei jeder anderen Gelegenheit oder Krise mag das die Lösung schlechthin sein, aber nicht, wenn man sich weinerlich, faltig, unattraktiv, müde und global armselig fühlt. Wenn man neben allem anderen Unbill auch noch gegen Hitzewallungen, Orangenhaut, Ganzkörpertraurigkeit, Blasenschwäche und Heißhungerattacken seinen persönlichen Kampf führen muss, dann braucht man einen Tröster, der keine Fragen stellt und keine Gegenleistung erwartet, der einfach da ist, immer verfügbar und frei von jeglichem Kalkül.
Das ist nicht leicht! Doch in der Seelenapotheke meiner Großmutter exisiert ein absolut probates Mittel für solche Fälle.
Die gute alte Wärmflasche!
Sie ist kuschelig, weich, warm und anschmiegsam. Sie beruhigt, gibt nur und fordert nichts. Sie ist handlich und lässt sich ohne Probleme mit ins Ehebett nehmen, sorgt für einen entspannten Schlaf und dafür, dass ich am nächsten Morgen mutig, selbstbewußt und entschlossen einem neuen Tag stolz meine faltige Stirn bieten kann.
Gutes muss nicht teuer sein! Das wußten auch schon unsere Großmütter.
Herrlich, einfach herrlich….. bin gespannt auf weitere Geschichten aus „meinem Leben“…. Danke dafür.