Whisky Workshop
Mit Alkohol habe ich wenig, na sagen wir mal normale Erfahrung. Mit Whisky so gar keine.
Ich kenne ihn nicht, ich trinke ihn (bisher) nicht, und beides hat mir bis heute noch nie gefehlt. Aber man soll ja ein Leben lang wiss- und lernbegierig bleiben, und so entschließe ich mich spontan bei einem kürzlich angebotenen Whisky Workshop teilzunehmen.
Gesagt, getan.
Der Referent, ein anerkannter Fachmann und Trinkexperte auf seinem Gebiet, empfängt die Teilnehmer dann auch stilecht gekleidet hinter einer langen Tafel stehend. Dort hat er umfangreiches Informationsmaterial ausgelegt und zahlreiche Flaschen mit phantasievollen Formen und Etiketten aufgebaut.
Für alle, die sich hier angemeldet haben, gibt es kleine Tische, auf denen eine Vielzahl von Probiergläsern stehen. Das sieht nach praktischer (Trink-) Arbeit aus, aber wir sind ja hier auch nicht zu einem Vortrag sondern zu einem Workshop versammelt.
Meine Mitstreiter, offenbar mit der Materie schon wesentlich besser vertraut als ich, begutachten nun die einzelnen Flaschen, die der Referent mitgebracht und auf dem Tisch vor sich dekoriert hat. Man streicht vorsichtig über die Form, dreht sie, hält sie gegen das Licht, studiert das Etikett und stellt sie dann behutsam mit wissendem Gesichtsausdruck wieder in die Reihe. Gedämpft und fast feierlich höre ich Ausdrücke wie irisch,, malt blend, single malt, schottisch, pot still und grain. Das sagt mir alles gar nichts, aber noch bin ich guter Hoffnung, dass sich das bald ändern wird.
Die Servicekraft geht nun von Tisch zu Tisch und füllt für jeden Teilnehmer die ersten zwei Gläser.
Der Referent bringt sich in Position und beginnt, wie sollte es auch anders sein, seinen Vortrag mit einem Trinkspruch: Whisky ist kein Getränk, Whisky ist eine Weltanschauung! heißt es da.
Na das mag ja heiter werden. Wer weiß, wie ich die Welt sehe, wenn ich mich durch all die Gläser probiert habe. Es kommen nun Bilder und Erläuterungen zu Destillerien, ihrer Geschichte, Lage und zu den unterschiedlichen Herstellungsverfahren. Alle hören aufmerksam und konzentriert zu, nur meine Gedanken gehen ganz woanders spazieren.
Wir hatten mal ein Meerschweinchen, das Whisky hieß, aber ich könnte nicht sagen, ob es irischer oder schottischer Herkunft war. Zwei andere hießen Gin und Sherry….
Als alle plötzlich ihr Glas nehmen, bin ich wieder bei der Sache und höre zu.
Wir probieren jetzt einen schottischen sogenannten every day Whisky, will sagen, wir fangen harmlos an.
Man führt also das Glas zur Nase, nimmt eine erste Geruchsprobe und die ist, so der Fachmann, kräftig, rauchig und nachhaltig. Während meine Nase noch versucht die ersten Gerüche zu erfassen, soll sie neben der deutlichen Rauchnote ganz subtil auch noch Honig und Heidekraut erschnuppern. Bestimmt könnte mein Enkelhund das wesentlich besser, geht mir da spontan durch den Kopf.
Mit abgespreiztem Finger wird nun das Glas in der Hand bewegt, es wird erneut gerochen, ich merke keinerlei Unterschied, dann endlich darf man einen Schluck nehmen. Hmmmmm
In meinem Gaumen müsste sich jetzt Rauch aufbauen, und dabei sollen sich die Aromen aus der Umarmung mit dem Alkohol lösen. Das nenn ich mal eine echte Schmeckherausforderung!
Während alle anderen verzückt auf ihrem Schluck herumlutschen, habe ich Mühe, vor lauter Raucharomen im Gaumen nicht zu husten. Also, da muss ich wohl noch kräftig üben.
Beim nächsten Glas ist es nicht viel anders. Natürlich werden wir sorgsam an die weitere Probe herangeführt, wir wissen, dass dieser Whisky in einem Sherry Fass gereift ist und daher eine ganz andere Rauchigkeit verspricht. Das Verkostungsritual ist aber das Gleiche: schnuppern, drehen, schnuppern und schlussendlich probieren.
Nun soll man folgende Komponenten herausschmecken.Salz, Räucherspeck, Seeluft und das Ganze gepaart mit Aromen von Trockenfrüchten und Vanille. Ich denke da eher an ein Lagerfeuer am Meer und einen Müsliriegel im Rucksack als an Whisky. Aber all die anderen scheinen damit kein Problem zu haben und tun zumindest so, als läge bei ihnen der Geschmack whiskyklar auf der Zunge. Meine dagegen fühlt sich nur etwas pelzig an vor lauter Rauch. Ich fürchte, ich muss sie in dieser Hinsicht noch intensiv sensibilisieren oder noch ganz viel trinken. Nun ja, es gibt ja noch ein paar Proben. So zum Beispiel die nächste, die man drei Minuten auf der Zunge lassen soll, ehe man sie auf eine Ehrenrunde durch den Mund schickt, nur damit sie dann im Abgang den perfekten Nachklang frei gibt. Bei soviel Geschmacksgymnastik muss ich fast würgen.
Oder aber die Sorte, die im Buchenholzfass gereift ist und nun mit ihrem süßen Image spielt, aber dennoch die typischen Aromen von Gischt, salziger Luft und frischem Laub in sich vereint. Es geht weiter mit einer limitierten Edition, deren Charakterbeschreibung mich eher an Weihnachten als an Alkohol erinnert. Unser Experte weiß von Datteln, Feigen, Trockenfrüchten in kaltem Rauch mit einer unverkennbaren Zimtnote in seinem Gaumen zu berichten. Und alle stimmen ihm ehrfurchtsvoll zu. Den Abschluss bildet schließlich noch ein sehr exklusiver Whisky mit Weincharakter. Klar, dass man da Beeren und Trauben erschnuppern muss. Aber die Trauben – Nuss Schokolade schmecke ich beim besten Willen nicht, genauso wenig wie das Meersalz seitlich im Gaumen kurz vor dem Schluckreflex.
Nach nunmehr sechs noch nicht einmal ausgetrunkenen Proben bin ich spürbar benebelt aber noch immer kein Whisky Fan. Meine Nase steht kurz vor einem Burnout und mein Gaumen ist hoffnungslos irritiert von all den Geschmacksvariationen, die sich dort breit gemacht haben. Da ist ja kaum noch Platz für die Zähne, aber die braucht man ja auch nicht zum Trinken.
Fazit: Ich weiß jetzt, dass ich auch weiterhin ohne Whisky durchs Leben kommen werde und dass meine Nase ganz dringend Erholung braucht. Der Duft von Omas frisch gebackenem Apfelkuchen, der würde ihr jetzt sicher ganz gut tun, und der unkomplizierte Apfelkuchengeschmack könnte vermutlich auch meinen Gaumen wieder beruhigen…